Am 6. Mai 1946 kommt Dora mit ihrer Mutter und ihren drei Schwestern auf unseren Hof nach Hagedorn, wo sie bis Anfang 1949 wohnen. Nach einiger Zeit in einem Behelfsheim in Hagedorn ziehen sie 1953 zurück auf den Hof in die damalige Leibzucht (heute Hausnummer 2b). Bis 1978 leben sie dort, bevor sie mit ihrem Mann Dieter in ein eigenes Haus in Hagedorn zieht. Sie erzählt uns im Winter 2023 vom damaligen Leben am Hof:
Evakuierte aus dem Ruhrgebiet, Vertriebene aus Schlesien, Ost- und Westpreußen lebten auf dem Hof. Sie halfen bei den Arbeiten: das Vieh wurde versorgt, die Kühe mussten von Hand gemolken werden. Die Milch wurde in Kannen gegossen und musste in Wassertrögen gekühlt werden. Morgens wurden die Kannen für den Transport auf die Milchbank an die Straße gestellt. Später am Tag war die Milchbank auch Treffpunkt.
Auf dem Hof lief alles weiter: Der Garten und die Felder mussten bestellt werden. Die Pferde waren auf den Feldern die Hauptakteure. Im Garten wurden alle heimischen Obst- und Gemüsesorten gesät und gepflanzt, die Ernte wurde am Hof verarbeitet, gelagert oder eingekocht. So wurde Sauerkraut selbst gemacht, Zwetschgenmus gekocht & Gurken wurden ebenso wie viele Obstsorten eingekocht in Gläser. Wo im Dorf der Augustapfel und der beste Walnussbaum standen wussten alle Kinder. Geschlachtet wurde auf dem Hof. Verarbeitet & haltbar gemacht durch pökeln, einkochen und räuchern.
Ab Juli war Erntezeit: Vorgewende mähen, damit die Pferde den Selbstbinder die erste Spur ziehen konnten. Garben zum Trocknen aufstellen. Danach schlossen sich Kartoffel- und Rübenernte an. Die Kartoffeln wurden vom Roder breit gestreut, gesammelt wurden sie von Hand in Körben, die dann auf den Wagen gewuchtet werden mussten. Futterrüben wurden von Hand aufgezogen, die Blätter wurden ins Silo gebracht für den Winter. Wenn das Getreide eingefahren war gab es für jeden ein Glas selbstgemachten Johannisbeerwein. Im Spätherbst kam die Dreschmaschine ins Dorf und zog von Hof zu Hof. Jeder Hof stellte ein bis zwei Personen zum Helfen.
Im Winter reparierten die Männer die Schäden an Maschinen oder hackten Holz. Die Frauen flickten Wäsche, stopften Socken oder strickten Pullover. Täglich musste morgens und abends die Stallarbeit erledigt werden.
Ruhe gab es kaum.