ENERGIEWENDE IM QUARTIER

Der Übergang zu einer CO2-freien Energieversorgung ist ein wichtiger Schritt für die Energiewende und damit zur Begrenzung der Erderwärmung. Im Jahr 2010 waren in unserem Quartier eine Holz- und eine Ölheizung für zwei Wohneinheiten installiert. Obwohl zumindest die Holzheizung ursprünglich als umweltfreundlich galt, waren wir uns bewusst, dass sie nicht die nachhaltigsten Optionen waren und damit nicht die langfristige Lösung für unseren Hof darstellen.

Im Jahr 2012 haben wir dann die erste PV-Anlage mit einer Peakleistung von 38kW auf der südlich ausgerichteten Dachfläche installiert. Damit decken wir einen Teil unseres Energiebedarfes und reduzieren unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Im Mittel erzeugt sie ungefähr 38.000kWh im Jahr, wovon der größte Teil in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird.

2013 folgte dann der Umbau einer weiteren Wohnung am Hof und die damit verbundene Installation einer Sole-Wasser-Wärmepumpe. Sie nutzt einen über 1.500m² großen Erdkollektor, um dem Boden Wärme zu entziehen und für die Wohnung nutzbar zu machen. Da schon bei der Beschaffung der Wunsch bestand in der Zukunft die zweite Hälfte der Scheune mit zu nutzen wurde die Leistungsfähigkeit der Wärmepumpe mit 16kW Nennwärmeleistung (Stiebel Eltron WPF 16 cool) sehr großzügig bemessen. Sie läuft im Heizbetrieb der Wohnung ca. 600 Stunden im Jahr und verbraucht dabei knapp 2.400kWh elektrische Energie, wobei ein Teil direkt aus der PV-Anlage kommt. Diese Wärmepumpe verfügt über eine Kühlfunktion  mit der das Gebäude an heißen Tagen gekühlt werden kann. Das geschieht, indem Heizungswasser die Wärme aus dem Haus an die Sole, die im Boden zirkuliert, abgibt. Diese Art der Kühlung ist nicht vergleichbar mit der Kühlung durch eine aktive Klimaanlage, aber sie schafft es die Wohnung bei einer Hitzewelle (Tageshöchsttemperaturen größer 30°C für mehr als eine Woche) auf ca. 23°C Innenraumtemperatur zu kühlen. Besonders hierbei ist, dass dazu nur 500Watt Leistung für die Umwälzpumpen benötigt werden und diese Energie fast ausschließlich durch die PV-Anlage bereitgestellt wird.

2018 haben wir unser erstes Elektroauto beschafft und damit unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen für unsere Mobilität reduziert. Haben wir mit dem Benziner pro Jahr noch ca. 1200l Benzin verbraucht und 2,8 to. CO2 ausgestoßen (2,37kg/l Benzin https://www.helmholtz.de/newsroom/artikel/wie-viel-co2-steckt-in-einem-liter-benzin/ ), so haben wir mit dem BMW i3 nur noch  ca. 650 kg CO2 durch die Stromproduktion ausgestoßen.

Im Jahr 2020 haben wir eine zweite PV-Anlage mit einer Peakleistung von 30kW auf unserem Dach (Ost/West-Ausrichtung) installiert. Dadurch produzieren wir weitere ca. 20.000kWh erneuerbare Energie. Die Energiemengen die wir damit produzieren übersteigen unseren Gesamtbedarf im Quartier bilanziell bei Weitem, bieten aber Potentiale für eine weitere Elektrifizierung des Hofes.

Direkt im Folgejahr 2021 haben wir die Holz- und Ölheizungen ausgebaut und durch zwei neue Wärmepumpen für die beiden älteren Wohnungen ersetzt. Dies ist besonders spannend, denn ein Heizungstausch im Bestand ist immer anspruchsvoller als im Neubau. Die jüngere, mit ca. 120m² kleinere Wohnung, die in 2004 im alten Kuhstall entstand, hat mit einer akzeptablen Dämmung eine berechnete Heizlast von ca. 6kW bei -12°C und eine Fußbodenheizung als Wärmeverteilsystem.  Diese Voraussetzungen sind für eine Wärmepumpe mit hoher Effizienz leicht zu bedienen, da die Vorlauftemperatur niedrig ist. Für diese Wohnung wird eine drehzahlgeregelte Luft-Wasser-Wärmepumpe von Stiebel Eltron für Heizung und Warmwasserbereitung eingesetzt. Schwieriger war die Nutzung im Bauernhaus mit über 200m² beheizter Fläche, ohne Dämmung (eine Hausseite wurde in den 90er Jahren verklinkert und mit ~8cm Dämmung versehen) und mit alten gusseisernen Heizkörpern. Aber auch hier haben wir eine Luft-Wasser-Wärmepumpe von Stiebel Eltron eingesetzt. Diese erzeugt Vorlauftemperaturen von bis zu 60°C, dann allerdings mit reduzierter Effizienz. Direkt nach der Installation hatte diese Anlage mit dem harten Wintereinbruch im Februar 2021 direkt ihre Bewährungsprobe. Erst bei Temperaturen unter -14°C mussten die in der Wärmepumpe integrierten elektrischen Zusatzheizungen das System unterstützen. Das Haus war also durchgängig warm. Mit den heutigen Wärmepumpen können fast alle Altbauten ohne technische Probleme beheizt werden. Die Frage ist nur wie es mit der Effizienz aussieht, denn die sinkt mit steigender Differenz zwischen Innenraumtemperatur und Außentemperatur. In unserem Fall haben wir Werte, die die Wärmepumpe selber gemessen hat ausgewertet. Seit der Installation im Januar 2021 bis März 2023 hat die Wärmepumpe für Heizung und Warmwasser ca. 48.820kWh Wärme zur Verfügung gestellt. Dafür hat sie ca. 15.539kWh Strom verbraucht. Darin enthalten sind ca. 8 h Betrieb der elektrischen Nachheizung in den wenigen kalten Tagen im Februar 2021. Damit ergibt sich eine Effizienz (mittlerer COP) der Wärmepumpe für das Bauernhaus von 3,1 kWh Wärme pro eingesetzter kWh Strom. Diese Werte sind im Vergleich zur Sole-Wasser-Wärmepumpe für die vollsanierten Flächen deutlich schlechter, die hier ca. 5 kWh Wärme pro eingesetzter kWh Strom bereitstellt, aber im Jahresmittel akzeptabel für einen unsanierten Altbau. Für die Heizkosten bedeutet dies aktuell (April 2023) bei einem Anteil von ca. 38% eigenproduzierte PV-Energie (16ct/kWh) und lokalem Stromtarif (NT: 25ct/kWh; HT 30ct/kWh) monatliche Kosten von ca. 138€ für die Heizenergie im Altbau. Die Brennstoffkosten für Öl (1,06€/Liter) hätten mit ca. 199€/Monat zu Buche geschlagen. Natürlich ist dies nur eine individuelle Überschlagsrechnung. Aber das Fazit lautet hier ganz klar: auch im Bestand sind Wärmepumpen ohne komplette Sanierung einsetzbar!

Im Jahr 2022 wurde ein weitere Wohnung in der Scheue fertiggestellt, bezogen und an die schon vorhandene Sole-Wasser-Wärmepumpe der Wohnung, die in 2012 saniert wurde, angeschlossen. In diesen beiden Wohnungen, die eine gut gedämmte Gebäudehülle haben, ist eine Wärmepumpe die sinnvollste Heizungsanlage. Hier erreichen wir pro m² beheizter Fläche Betriebskosten von <2€ pro m² und Jahr. Das wären im Vergleich für eine 100m² Wohnung ungefähr 18€ Heizkosten pro Monat. Unser Quartier ist eingebunden in Forschungsprojekte, in denen zukunftsweisende Energiemanagementtechniken entwickelt und getestet werden. Durch diese Technologien können wir mehr erneuerbare Energie nutzen, einschließlich PV- und Windenergie, die nicht direkt im Quartier erzeugt werdenn. Die von der TH-OWL entwickelte Algorithmen berechnen das verfügbare Angebot an erneuerbaren Energien direkt im Quartier, in unserer Ortschaft und in unserer Kommune Steinheim. Zusätzlich wird die benötige Energie für Heizung und Mobilität prognostiziert. Letztendlich werden unter Berücksichtigung der vorgegeben Randbedingungen wie Raumsolltemperaturen und geplante Autofahrten die Wärmepumpen und die Ladestation so angesteuert, dass möglichst wenig CO2 bei der Nutzung entsteht.  

Wir beschreiten den Weg zu einem CO2 freien Quartier und hierzu gibt es unterschiedliche Kennzahlen, die wir berechnen können. Diese sind allerdings immer etwas interpretationsbedürftig, da durch die schnelle Entwicklung (z.B. der Wohnungsumbau) die Zahlen noch nie für ein komplettes Jahr für den ganzen Hof ausgewertet werden konnten. Das wird zum ersten Mal in 2023 der Fall sein:

Die erste Kennzahl ist der bilanzielle energiebasierte CO2 Ausstoß (Heizung, Strom, Mobilität [ohne Fliegen]). Dieser wurde so ausgewertet, dass die aktuelle Situation verglichen wurde mit der, dass der Hof per Fingerschnipp nicht existieren würde. Hierbei haben wir es 2022 erneut geschafft, mehr CO2 einzusparen als zu erzeugen. Das heißt, wenn der Hof nicht existieren würde wäre in 2022 mehr CO2 in der Luft gelandet.  Das ist gut, aber resultiert in erster Linie aus unseren großen PV-Anlagen, die im Stromnetz CO2 Ausstoß vermeiden, wenn sie einspeisen. 

Ein zweiter Wert ist der energiebasierte CO2 Ausstoß pro Kopf und Jahr ohne die Gegenrechnung der Einspeisung. Dieser Wert ist ‘nur’ interpoliert, da wir kein ganzes gleichmäßiges Jahr an Messdaten zur Verfügung haben, und liegt für 2022 bei ca. 1,5to CO2 pro Kopf.

Unser Ziel für den Pro-Kopf-Ausstoß ist es, diesen bis spätestens 2030  auf unter 1to CO2 zu senken. Dazu planen wir in den nächsten Jahren die Gebäudehülle des Bauernhauses zu verbessern und weitere Verbrennerautos am Ende ihres Lebenszykluses durch batterieelektrische Fahrzeuge zu ersetzen. Wenn möglich sogar welche, die bidirektionales Laden unterstützen, also auch als temporär als Stromspeicher nutzbar sind. Außerdem wollen wir eine Kleinwindenergieanlage auf dem Hof installieren.

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